Episode 4 - Gemeinsam geht es leichter. Sich mit anderen Akteuren austauschen und zusammenarbeiten.

Shownotes

Gesprächspartnerin Eva Heinold-Krug: http://www.eva-heinold-krug.de/

BNE-Zertifizierung in Hessen: https://umwelt.hessen.de/bildungsangebote/bildung-fuer-nachhaltige-entwicklung

Paritätisches Bildungswerk Hessen/BNE: http://www.pbhessen.de/

Regionale BNE-Netzwerke in Hessen: https://www.hessen-nachhaltig.de/regionale-netzwerke-bne-liste.html

Podcast Nachhaltigkeit braucht Bildung: https://www.bne.nrw/digital/podcast/info/

Transkript anzeigen

Zukunft gestalten – der BNE-Podcast für die Erwachsenenbildung

Gemeinsam geht es leichter. Sich mit anderen Akteuren austauschen und zusammenarbeiten.

Michael Lobeck im Gespräch mit Eva Heinold-Krug

ML: Herzlich willkommen zum Podcast „Zukunft gestalten - der BNE-Podcast für die Erwachsenenbildung“. Gemeinsam geht es leichter. Sich mit anderen Akteuren vor Ort auszutauschen und zusammenzuarbeiten ermöglicht wirksamere Bildungsangebote. Das ist unser heutiges Thema. Mein Name ist Michael Lohbeck und ich darf sie durch diese Podcast Reihe führen, die Ihnen BNE nahebringt und die Umsetzung in Ihrer Bildungseinrichtung leichter macht. Gemeinsam geht es leichter - das war Ihr Titel für die Podcast Episode, Frau Heinold-Krug. Sie arbeiten als selbstständige Begleiterin von Lern- und Veränderungsprozessen in Organisationen. Einige Hörer*innen kennen Sie schon aus unserer Ankündigungsepisode. Herzlich willkommen!

EHK: Dankeschön. Ich freue mich, dass wir zum Thema vernetzt denken und planen - das, was dahintersteckt, miteinander ins Gespräch kommen.

ML: Ja, wunderbar. Frau Heinold-Krug, als selbstständige Begleiterin von Lern- und Veränderungsprozessen in Organisationen - wie und wo kommt da BNE ins Spiel?

EHK: Für mich kommt es ins Spiel, wenn ich Organisationen durch Erwachsenenbildungseinrichtungen ersetze, mit unserem Fokus. Und ich glaube, das ist eine ganz große Aufgabe für Erwachsenenbildung im Moment ist, erwachsene Menschen, Bürgerinnen und Bürger auf diese sozial-ökologische Transformation vorzubereiten und sie in die Lage zu versetzen, sich zu positionieren und vielleicht auch aktiv zu beteiligen, wenn sie sich dafür entscheiden. Ich glaube, das ist einer der großen Veränderungsprozesse für viele Organisationen, klar, längst nicht nur für die Erwachsenenbildung, aber eben auch. Und das gibt Bildungsarbeit natürlich auch nochmal einen Fokus, einen gesellschaftlichen und einen politischen.

ML: Okay. Und um bei unserem Thema heute, also bei dem Fokus, den wir haben -gemeinsam geht es leichter - zu bleiben: Was kann das in der Praxis für Erwachsenenbildner*innen bedeuten? Und warum denken Sie, dass das so wichtig ist?

EHK: Ich fange mal mit dem zweiten Teil an, warum ich denke, dass es so wichtig ist und dann komme ich auf die Praxis. Also ich glaube, dass es wichtig ist, auch in der Bildungsarbeit Themen nicht isoliert zu betrachten, sondern herauszuarbeiten und zu schauen, mit welchen anderen Themen sie jeweils zu tun haben, also sozusagen auch die thematische Vernetzung in Blick zu nehmen. Erst macht es die Sache komplexer, wenn ich sozusagen den ganzen Zusammenhang eines Themas betrachte, auf der anderen Seite ergeben sich daraus aber manchmal gangbarere Lösungswege und Veränderungsmöglichkeiten. Von daher denke ich, dass dieses „ein Thema in seiner Vernetzung wahrzunehmen und vernetzt zu denken“, die ganz zentrale Kompetenz ist, die wir brauchen, um Verhalten, Entscheidungen, Lebensverhältnisse zu verändern. Und wenn ich da weiterdenke, dann ist es so, dass es eine Herausforderung für Bildungseinrichtungen ist, Themen in ihrer Komplexität wahrzunehmen, aber dieser sind wir in der Regel auch gewachsen. Die zweite Herausforderung ist vielleicht noch mal ein bisschen ungewohnter; nämlich zu betrachten, wer eigentlich schon aktiv ist. Es gibt ja Akteure zu ganz vielen thematischen Zusammenhängen, insbesondere vor Ort oder regional, die sich eben auch um einzelne Aspekte eines Themas bemühen und sich häufig schon unendliches Wissen angeeignet haben, Handlungsoptionen erarbeitet haben und auch zum Teil praktische Umsetzungsmöglichkeiten kennen, vielleicht auch politisch ganz gut vernetzt sind. Ich glaube, dass Bildung guttut, wenn sie tatsächlich auch diesen Fokus des „ins Handeln kommen“ / „zu Veränderungen beitragen“, wenn sie den ernst nimmt, dass sie sich mit Menschen, Initiativen, Akteuren, Vereinen, Verbänden, zivilgesellschaftlichen Organisationen und auch anderen natürlich zusammentut, um die Wirkung zu verstärken und tatsächlich vor Ort sichtbar zu werden. Und jetzt kommt die pädagogische Herausforderung, es wieder ein bisschen einfacher für Erwachsenenbildnerinnen und -bildner. Es gibt so einen guten Begriff, der sagt ganzheitliche Bildung spricht Kopf, Herz und Hand an! Ich glaube, bei Frau Dr. Brock haben wir da auch schon ein paar Hinweise darauf gekriegt, dass gute nachhaltige Bildung eine Bildung ist, die einfach die Menschen berührt oder eigentlich von der Berührung ausgeht. Und dafür braucht es, ich nenne es mal so ein innerpsychisches Netzwerk aus Verstand, aus Willen, Beherztheit, aber auch aus der Hand, also der Fähigkeit, etwas umzusetzen und dem Willen, etwas umzusetzen. Und da sind wir Erwachsenenbildner natürlich gefragt, zu überlegen wie können wir solche Lernprozesse gestalten - auf Augenhöhe, mit den anderen Akteuren, die wir vielleicht einbinden wollen und können und auch mit den Teilnehmenden. Die Teilnehmenden, die ja in der Regel nicht kommen, um Wissen um des Wissens willen an der Stelle zu erwerben, sondern um Wissen für verantwortungsvolle Lebensführung und Handlungsoptionen kennenzulernen.

ML: Mir leuchten alle drei Dinge sehr ein, sowohl das mit der thematischen Verknüpfung - natürlich hängen da viele Dinge miteinander zusammen. Ich finde auch schön, diese Idee des Akteurs-Netzwerkes. Also wirklich zu schauen, auch da muss ich nicht alles alleine machen, sondern ich kann ja gucken, es gibt ganz viele Ressourcen, schon ganz oft vor Ort, in der Nähe, greifbar. Und den dritten Aspekt, dass man auch sich selbst einmal als Netzwerk betrachtet und sagt, dass jetzt nicht alles nur in den Kopf hineinmuss, sondern dass man da auch emotional bewegt ist und auch mal etwas in die Hand nehmen muss und etwas tut. Das finde ich sehr plausibel. Bei dem Akteurs-Netzwerk, war meine Frage: das kann ja sehr komplementär und ergänzend sein. Aber jetzt bin ich nicht der Experte in der Erwachsenenbildung, wahrscheinlich gibt es da auch Konkurrenzen. Wie geht das denn Hand in Hand? Haben Sie eine spontane Idee, wie man damit umgehen kann?

EHK: Diese Konkurrenzen oder diese Spannungsfelder gibt es natürlich auf allen drei Ebenen. Themen, die sich mit Nachhaltigkeit auseinandersetzen, sind oft nicht nur komplex, sondern da gibt es auch widersprüchliche Positionen, da muss man eine ganze Menge Ambivalenz und unterschiedliche Standpunkte ertragen, um einen eigenen Standpunkt zu entwickeln. Und es bildet sich natürlich auch bei den Aktiven vor Ort ab, die vertreten unterschiedliche Interessen, aber gerade das ist ja wichtig. Wenn es so einfach wäre, mit der nachhaltigen Veränderung, dann hätten wir uns da wahrscheinlich nicht so viel Zeit dafür genommen und wären da längst weiter, aber diese Differenzen gehören rein in das Thema. Ja, das ist nicht so einfach. Ich glaube in der letzten Episode wurde es angedeutet zum Thema Mobilität. Ja, ist das Elektroauto die Lösung oder ist vielleicht auch ein ganz anderer Mobilitätsbegriff notwendig, um technisch jeweils nicht 100%ige Lösungen in irgendeiner Form auf eine nachhaltige Schiene zu setzen? Schiene wäre ja auch noch mal eine Überlegung. Und ich denke, dem muss man sich stellen. Und dem stellt man sich natürlich auch, wenn man unterschiedliche Akteure, die örtlich oder sonst wo aktiv sind, mit einbezieht, dann hat man die Positionen drin. Man hat natürlich auch die Interessen drin und kann, sozusagen als Teil des Lernprozesses, auch überlegen, woran will ich mich eigentlich beteiligen, was will ich verstärken, als lernende Person oder als suchende Person, die wir ja eigentlich alle sind, an der Stelle. Ich will auch noch mal darauf verweisen, dass es ein großes Projekt gab, das bundesweit jetzt fünf Jahre lang gelaufen ist - das sind die BNE-Modellkommunen. Da wurde explizit versucht, örtliche Bildungslandschaft zum Thema BNE zu initiieren, von der Verwaltung aus. Und es gibt durchaus Erfolgsberichte, wo beschrieben wird, dass das Zusammenwirken zwischen Bildungsakteuren und das Einbinden natürlich von anderen Aktiven die Wirkung vor Ort verstärken kann. Und gleichzeitig sind es dann eben Orte, wo Differenzen, Ambivalenzen, Unsicherheiten diskutiert und auch gemeinsam ausgehalten werden können. Auch das ist ja die Funktion eines Netzwerkes, dass ich in meiner Hilflosigkeit und Problembelastetheit nicht individuell zu Hause sitze, sondern dass ich merke, aha, das hat etwas mit dem Thema und mit der Herausforderung zu tun und nicht mit meiner persönlichen Schwäche.

ML: Ja, das finde ich ganz schön, weil, als wir über das Thema nachdachten, hatte ich beim Thema Vernetzen, immer diese Sektempfänge vor Augen, wo man Visitenkarten verteilt, was ich immer ein bisschen langweilig und fürchterlich finde. Aber das, was Sie jetzt schildern, ist ja viel mehr - eine gewisse Offenheit, also sich selbst gegenüber und eben auch den anderen Interessen gegenüber und bedarf halt dieser Kompetenz, dieser Offenheit in die Welt zu schauen und sich auf der Ebene zu vernetzen.

EHK: Ja, Sie greifen an der Stelle die persönliche Ebene auf, offen zu sein für unterschiedliche Standpunkte. Ich glaube, Sie haben in der letzten Episode auch das Thema Rollenverständnis von Bildungseinrichtungen angesprochen. Auch das ist eine Frage des Rollenverständnisses in Bildungseinrichtungen - welche Rolle will ich in diesem möglicherweise kommunalen oder auf Kreisebene angesiedelten Netzwerk als Erwachsenenbildungseinrichtung spielen? Bin ich im lead? Bin ich die Person oder der Akteur, der Dinge initiiert oder schließe ich mich Initiativen an, indem ich meine Kompetenz – Erwachsenenbildung - mit einbinde? Das verändert ganz viel. Und das Stichwort Augenhöhe, keiner weiß genau wie es geht. Wir können und müssen uns zusammentun und sozusagen die gestaltenden Kräfte bündeln. Das ist schon eine Herausforderung für eine Erwachsenenbildungseinrichtung. Und es kann ja auch ganz unterschiedlich sein, denn eine Volkshochschule tickt anders als eine Weiterbildungseinrichtung im beruflichen oder im spezialisierten Bereich. Aber für alle stellt sich diese Frage: Will ich Teil eines Netzwerks hin zu einer nachhaltigen Transformation sein oder eben nicht? Kann ja auch sein, dass die Antwort lautet: Für uns eher nicht, das würde ich nicht ausschließen.

ML: Ja, und dann wird man örtlich wirksam, wenn es gut läuft. Sie sagten das ja, dieses Modellvorhaben, beispielsweise mit BNE-Modellkommunen. Und gleichzeitig ist dann die Frage, gibt es trotzdem noch einen Dienstwagen-Privileg, sage ich jetzt mal, als praktisches Beispiel. Mir geht es um die Frage: Wie geht man mit Machtstrukturen um, die da sind? Wo dockt man da an, als Bildungseinrichtung?

EHK: Also Bildungseinrichtungen sind traditionellerweise nicht unbedingt Machtfaktoren - aber sie können Menschen darin unterstützen, sich eine Position zu erarbeiten und sich dann zu entscheiden, auf der individuellen Ebene zu bleiben, ihren Lebensstil zu verändern und vielleicht auch mit Bekannten und Freunden darüber zu sprechen, wie man seine persönliche Ernährung gestaltet, was übrigens durchaus einen nennenswerten Impact hat. Oder sie können sagen, na gut, es gibt Strukturen, die nicht zielführend sind, die sozusagen immer wieder zurückziehen auf den alten Stand, den wir nicht mehr brauchen können, der nicht mehr nach vorne gerichtet und nicht mehr nachhaltig ist; ich beteilige mich an der einen oder anderen Stelle im öffentlichen oder im politischen Raum. Ich glaube, da fundierte Positionen zu erarbeiten, kann durchaus eine gute Funktion - gerade in der Erwachsenenbildung sein, vielleicht auch sogar gerade außerhalb des beruflichen Bildungsspektrums, weil es da tatsächlich um ja den Homo Politicus geht, den Menschen, der im Sozialen eben auch überhaupt zum Menschen wird. Und da kann man auch die Philosophie mit reinholen und die politische Grundlagenbildung und was auch immer. Und ich denke, die Menschen mitzunehmen und sie zu befähigen, sich eventuell auch politisch einzumischen auf die Art, die ihnen gemäß ist und die sie für richtig halten, da gehört Erwachsenenbildung mittenrein.

ML: Ja und das finde ich einen ganz schönen anderer Punkt zu dem, was Sie vorhin sagten oder was ich verstanden habe, dass es ja auch durchaus genau um die Verschiedenheit dieser Akteure geht. Und dann zu lernen, quasi miteinander das auszuhandeln und zu gucken. Das heißt, manchmal ist es vielleicht auch praktischer, ich finde gar nicht fünf Gleichgesinnte, mit denen ich das jetzt mache, sondern ich finde auch ganz unterschiedliche.

EHK: Ja, jetzt kommen wir auf die Ebene des Netzwerkmanagements. Was mache ich eigentlich als Bildungsplanerin oder Bildungsplaner - wie kriege ich so ein Netzwerk zusammen? Die schwierige Botschaft ist, das hat schon was mit den einzelnen Themen zu tun. Als Bildungseinrichtung kann ich nicht sagen, wir sind ganz prima vernetzt und das schon immer - also wir kennen hier alle vor Ort. Sondern, es ist schon die Frage, zu welchem Fokus, zu welchem Thema - wollen wir uns - mit wem zusammentun? Und dann macht es tatsächlich Sinn, Unterschiedliche zu suchen. Also ein gutes Netzwerk ist immer eins, in dem die Unterschiede schon im Netzwerk drin sind und sich nicht als Außen, sozusagen als Feindbild abbilden, sondern wo Argumente auf einer vertrauensvollen Basis ausgetauscht und zu einem guten Ergebnis zusammengeführt werden, wenn es gut geht. Oder zu einem eben ambivalenten Ergebnis, wenn es noch nicht möglich ist. Und ich glaube, das ist eine wichtige Funktion, diese Punkte aufzumachen, die Unterschiedlichkeit aufzumachen. Und es gibt ja im Netzwerkmanagement auch den Satz: „So die Stärke der schwachen Beziehungen.“ Also damit ist gemeint, man verknüpft sich genau mit denen, mit denen man vielleicht nur eine ganz schmale Schnittfläche hat, die aber eben etwas können, was für einen selbst als Bildungseinrichtung noch vollkommen unbekannt ist und die auch wieder Brücken zu Akteuren aufmachen können, die mir bisher verschlossen geblieben sind, als Erwachsenbildungseinrichtung.

ML: Ist das dann eher eine Querschnittsaufgabe in einer Bildungseinrichtung - oder ist es eine Führungsaufgabe?

EHK: Ich weiß gar nicht, ob das eine „oder-Funktion“ ist. Ich glaube tatsächlich, dass die Leitungskräfte in Bildungseinrichtungen, die Verantwortlichen sich überlegen sollten, welchen Ort und welchen Umfang BNE in ihrer Einrichtung einnehmen soll. Dann kann es, in einem sehr umfassenden Modell, eine Querschnittsaufgabe für alle sein. Da müsste man mal über Strukturmodelle nachdenken, das haben wir auch gemacht, den Podcast gibt es leider noch nicht, vielleicht schieben wir den noch nach. Es ist ja auch schon die Frage gestellt worden in der letzten Episode, ob denn jede Veranstaltung umgestrickt werden muss. Nein, natürlich nicht. Natürlich kann ich noch eine Veranstaltung machen, in der nachhaltige Aspekte nicht im Vordergrund stehen. Ich bin mir aber nicht sicher, ob das noch richtig lange durchzuhalten ist. Aber es kann auch einfach sein, dass man sich verabredet, da ist es Leitungsaufgabe. BNE ist etwas, was wir versuchen querschnittsmäßig zu denken und immer weiter zu implementieren oder da zu implementieren, wo es Sinn macht und etwas bewirkt und an anderen Stellen möglicherweise eben auch nicht. Und dafür braucht es Leitung, nicht im Sinne von „einer entscheidet“, sondern Leitung, im Sinne von „eine Funktion veranlasst“, dass eine Entscheidung getroffen wird. Es kann ja durchaus auch sein, dass eine Einrichtung sagt, für uns spielt es eine Rolle, aber wir bilden eine Zusammenarbeit mit einer anderen Bildungseinrichtung oder mit ganz anderen Akteuren, vielleicht auch aus dem Umweltbereich. Oder wir bilden eine Weile eine Allianz mit Akteuren aus dem gemeinwohl-ökonomischen Denken und machen da Querschnittsthemen daraus. Also es braucht beide, es braucht die Funktion Entscheidung und es braucht die Funktion Umsetzung, in einer Einrichtung. Weil wir wissen alle, dass nichts so schnell versickert wie etwas, was neu ist. Das ist eigentlich der normale Vorgang. Neues versickert, alte Routinen sind immer stärker und an der Stelle ist es halt wichtig, sich zu verabreden, dass man tatsächlich jeden Rückfall auch wieder durch einen Schritt nach vorne ausgleicht.

ML: Also ich finde, es hat diese Ambivalenz - auch das Thema der Vernetzung. Bei der thematischen Vernetzung, ist es erst mal auch mehr - was man vielleicht tun muss. Also es ist nicht ungewohnt, darüber nachzudenken, aber es ist erst mal ein Mehr. Auch das Netzwerk mit Akteur*innen aufzubauen ist auch erst mal wieder Mehr. Aber Sie würden schon sagen, es lohnt sich, dieser Aufwand, der da ja offensichtlich drinsteckt.

EHK: Ja, ja unbedingt! Also wozu brauchen wir Erwachsenenbildung eigentlich? Ich glaube, dass sie im Moment eine Chance hat, mehr Bedeutung zu gewinnen, indem sie dieses Thema aufgreift und indem sie Teil einer humanistisch-orientierten Transformation wird und die Menschen in die Lage versetzt, sich daran aktiv zu beteiligen und ihre Interessen zu vertreten. Menschen, Akteure, Zusammenschlüsse. Oder indem sie das nicht tut. Und ich glaube es nicht zu tun, lohnt sich auf jeden Fall gar nicht. Und wenn ich daran denke, wie häufig wir darüber diskutieren, dass die politische Bildung einen Bedeutungsverlust hat, dann glaube ich, dass Bildung für nachhaltige Entwicklung ein Feld ist, wo sich zeigen kann, wie wirkungskräftig eine, in einem weiten Sinn, humanistisch politisch verstandene Bildungsarbeit ist, aber auch wie wichtig die einfach ist und wie sehr die sich lohnen kann. Sie haben auch schon mal über die SDGs gesprochen. Das gehört für mich rein in die Aspekte von Demokratie und Gerechtigkeit und von Gleichheit der Interessen und der Menschen, die sich darum bemühen. Also insofern, ich glaube, es lohnt allemal. Und es lohnt sich auch, weil es einfach Spaß macht, Menschen zu treffen in diesen Veranstaltungen, die bereit sind, sich zu engagieren, die sich miteinander auseinandersetzen und die nach Wegen suchen. Und ich glaube, ja, Erwachsenenbildung darf unter dem Aspekt auch gestaltend sein und Spaß machen.

ML: Ja, wunderbar. Das schließt noch mal sehr an das Bild von vorhin an, dass eine gewisse Offenheit, egal ob von der Organisation oder von der Person, hilfreich ist. Und, dass man dann sehr große Gewinne daraus ziehen kann, wenn man das schafft und Lust darauf hat, neue Sachen zu erfahren. Und im Zweifel auch Sachen, die widersprüchlich sind zu dem, was man selber reinbrachte und dann zu gucken, gemeinsam zu lernen und so was. Das scheint mir ein attraktives Angebot, was Sie da schildern.

EHK: Finde ich auch.

ML: Sie haben vorhin gesagt, es geht jetzt nicht so einfach, dass man sagt, wir sind hier schon immer am Ort, wir kennen alle Wichtigen, sondern es geht darum, dass man sagt, das ist jetzt hier unser Thema und wen kennen wir denn da. Wer weiß denn was über Wasser? Ich sage hier mal so schlicht. Gibt es so Netzwerke, wo Sie sagen - da funktioniert das schon? Oder haben Sie Beispiele im Kopf? Also wenn ich jetzt einfach frage, gibt es irgendwelche Netzwerke, wo man sich anschließen kann, das passt ja dann nicht, weil man muss es ja thematisch gucken. Aber würden Sie sagen, es gibt schon Dinge, die Sie da positiv sehen?

EHK: Also wie gesagt, diese BNE-Modellkommunen, da gibt es schon etwas. Es gibt in Hessen auch die Runden Tische, unterschiedlich ausgeprägt an unterschiedlichen Orten, runde Tische zu BNE.

ML: ** Die runden Tische, von denen Frau Heinold-Krug sprach, heißen Regionale Netzwerke BNE. Und sie gibt es in neun hessischen Regionen, vielleicht auch in Ihrer Nähe. Einen Runden Tisch BNE gibt es in Hessen auch. Der tagt seit 2015 auf Landesebene.**

EHK: Und ich glaube, man sollte sich nicht vertun, wenn man mal mit diesem Blick in die eigene Kommune guckt, dann würde man rausfinden, wer zum Beispiel zum Thema Ernährung schon zusammenarbeitet oder wo es auch schon Anfänge von Netzwerken in der eigenen Einrichtung gibt. Wenn wir jetzt mal bei den Volkshochschulen bleiben, hier gibt es Ernährungsbereich und einen Gesundheitsbereich, da gibt es schon Referentinnen und Referenten, die von bestimmten Organisationen kommen. Ob das die Verbraucherzentrale oder die Gesellschaften für Ernährung sind oder vielleicht auch Fachbereiche aus Hochschulen. Ich glaube, wenn man das will, ist es nicht wirklich ein Problem für Erwachsenbildner, an der Stelle Netzwerke, Nukleus eines Netzwerks aufzutun. Und viele Kommunen haben tatsächlich auch auf ihren Webseiten schon den Knopf Nachhaltigkeit, wo man zumindest einen Einstieg in diese Netzwerke kriegt.

ML: Okay, mir ist klar, warum es gut ist, das ist mir deutlich geworden. Sowohl bei den bei den drei Ebenen, die Sie auch ansprachen, thematisch eh und mit den Akteuren auch, aber auch eben noch mal für uns selbst zu gucken. Jetzt auch nicht nur auf einer Ebene zu bleiben und immer jetzt nur Bücher zu lesen, also das ist unterschiedlich, die Leute mögen verschiedene Dinge, aber durchaus mal das Spektrum auszuprobieren, mit Kopf, Herz und Hand, was sie ansprachen. Was ja jetzt keine BNE-Erfindung ist, aber, glaube ich, ganz alt ist.

EHK: Genau, alt ist nicht immer schlecht! Also in der Transformation geht es auch darum, dass man ein paar Dinge, die sich einfach bewährt haben, auch weiter mitnimmt. Vielleicht noch nachzuschieben, wenn man denn gerne auch mit anderen Bildungseinrichtungen zusammenarbeiten will, es soll ja nicht völlig unmöglich gemacht werden mit Gleichen zusammenzuarbeiten, es gibt in fast allen Bundesländern inzwischen eine BNE-Zertifizierung, da kann man dazu stehen wie man will, aber dort ist natürlich auch so ein Netzwerk von Einrichtungen, die sich mit dem Thema schon auseinandergesetzt haben und Erfahrung haben, von denen man unbedingt auch partizipieren und Vorteil ziehen sollte.

ML: Ja, das ist nochmal ein guter Hinweis - auch sehr praktisch, wo man sozusagen andocken kann, wenn man wissen will, wie klappt das denn? Ja, dann würde ich Sie zum Abschluss auch noch bitten zwei Sätze zu ergänzen. Der eine, der jetzt direkt zu unserem Thema passt: BNE geht gemeinsam leichter - bedeutet ganz praktisch?

EHK: Ganz praktisch bedeutet es, dass es gut ist, einfach mit denen aktiv zu werden, die in der Nähe sind und die möglicherweise auch interessiert sind. Dann ist man schon nicht mehr alleine und hat schon noch ein paar Ideen mehr, die man nicht selber austüfteln musste. Und dann, wenn sich tatsächlich solche Gleichgesinnten finden, am besten die ersten Ideen, die leichtgängig sind, auch einfach umsetzen. Es entwickelt eine Eigendynamik, da bin ich fest von überzeugt.

ML: Und: BNE lohnt sich für Bildungseinrichtungen, weil?

EHK: Ja, das hatte ich eigentlich schon fast gesagt, weil da Menschen zusammenkommen, die Interesse an einer lebenswerten Gesellschaft haben und die bereit sind, dafür einzutreten und die zu stärken und selber Stärkung zu erfahren, das lohnt allemal.

ML: Ja, vielen herzlichen Dank, Frau Heinold-Krug. Das fand ich ein spannendes Gespräch. Mir ist klar geworden, dass nicht jede und jeder das Rad neu erfinden und auch nicht alle Arbeit alleine leisten muss. Und dass wir den Sektempfang vielleicht gar nicht brauchen. Es spricht ja nichts gegen Sektempfänge, aber… Für alle, die noch ein bisschen nachlesen wollen, empfehlen wir verschiedene Dinge, die Sie auf den Shownotes der Webseite finden. In der ersten Folge haben wir erfahren, was Bildung für nachhaltige Bildung ist und warum es sie braucht. In der zweiten ist mir deutlich geworden, dass Transformation lernen sich von vielen klassischen Lernformaten unterscheidet. In der dritten ging es darum, was es ganz praktisch braucht, um wirksame BNE-Angebote zu machen. Und heute haben wir besprochen, dass man besser nicht alles alleine macht, sondern mit ganz verschiedenen Akteuren zusammenarbeiten kann und sich viele Anregungen holt. Und allen, die jetzt denken, das ist ja alles eine gute Sache, aber wie bekomme ich das denn in meinem Alltag, in dem immer was dazwischenkommt, eingebaut, empfehle ich unsere fünfte Episode, in der es genau darum geht, am Ball zu bleiben. Bleiben Sie neugierig. Bis bald.

Neuer Kommentar

Dein Name oder Pseudonym (wird öffentlich angezeigt)
Mindestens 10 Zeichen
Durch das Abschicken des Formulars stimmst du zu, dass der Wert unter "Name oder Pseudonym" gespeichert wird und öffentlich angezeigt werden kann. Wir speichern keine IP-Adressen oder andere personenbezogene Daten. Die Nutzung deines echten Namens ist freiwillig.