Staffel 2 - Episode 2 - Lernsettings
Shownotes
Eva Heinold-Krug, Christina Krack, Silke Töpfer, Hanne Winter und Antje van Look berichten von einem DenkBarCamp des Paritätischen Bildungswerk Hessen e.V., das mit Erwachsenenbildnerinnen und Erwachsenenbildnern verschiedene Elemente ausprobiert hat, die lebendiges Lernen ermöglichen und die Teilnehmenden mit ihren jeweils persönlichen Bedürfnissen ernst nehmen.
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Zukunft gestalten - der BNE-Podcast für die Erwachsenenbildung
Staffel 2 - Lernsettings
Michael Lobeck im Gespräch mit Eva Heinold-Krug, Christina Krack, Silke Töpfer und Antje van Look
ML: Herzlich willkommen zur Episode Lernsettings der zweiten Staffel unseres Podcast „Zukunft gestalten - der BNE-Podcast für die Erwachsenenbildung“. Vom Reden ins Tun kommen, trotz all der Krisen da draußen. Wir wissen schon lange genug, Erwachsenenbildung muss die Frage nach der Umsetzung stellen. Welche Rahmenbedingungen brauchen wir? Welche Lernräume, damit wir und die Teilnehmenden unserer Veranstaltung ins Handeln kommen?
Mein Name ist Michael Lobeck und ich spreche hier mit Menschen, die Erwachsenenbildung neu denken, und neu gestalten. In Episode 1 hat Susanne Waldow-Meier erläutert, was es psychologisch gesehen braucht, um Veränderungen anzugehen. Sie hat das auf einem sogenannten Denkbarcamp des Paritätischen Bildungswerks Hessen erzählt. Am Beispiel der Methode des Denkbarcamps wollen wir zeigen, welche Elemente helfen, damit ErwachsenenbildnerInnen und Teilnehmende ermutigt und unterstützt werden, eigene Schritte zu einer nachhaltigeren Welt zu gehen und nicht nur darüber zu reden.
EHK: Ich musste an ein Zitat denken, was ich neulich gelesen habe von einem niederländischen Historiker, Rutger Bregman. Der hat erforscht, wann eigentlich Menschen bereit sind, etwas zu tun, was sie bisher nicht getan haben oder was sie für mutig halten. Und die haben da Untersuchungen gemacht, da ging es um die NS-Zeit, also wer sich eigentlich da engagiert hat, zum Beispiel jüdische Menschen unterzubringen und zu verstecken. Und er sagte, was übriggeblieben ist, als einzig wirklich zentraler Punkt, das ist, die Menschen mussten gefragt werden.
Also wenn man gefragt hat, bist du bereit und vielleicht sogar erzählen konnte, dein Nachbar macht es auch. Dann haben 96 Prozent gesagt, das war der Punkt, der mich dazu gebracht hat. Und ich glaube, das ist ein Hinweis für uns in der Erwachsenenbildung, die Menschen fragen: Macht ihr mit? Was interessiert euch? Wo wäret ihr bereit mitzumachen und dafür Lösungen zu suchen? Und ich glaube, das ist so die Haltung hinter diesem offenen Lernformat und davon gibt es ja ganz viele.
ML: Was hilft also, ins Tun zu kommen? Die Menschen müssen gefragt werden, sagt Eva Heinold-Krug, die sich mit ihren Kolleginnen das Denkbarcamp ausgedacht hat. Sie werden sie gleich noch näher kennenlernen. Welche Elemente in der Erwachsenenbildung das unterstützen, zeigen wir Ihnen am Beispiel des Denkbarcamps. Viel Spaß dabei.
In Episode 1 hat Frau Waldow-Meier ja deutlich gemacht, dass wir mit einer Reduktion auf Faktenwissen und objektiven Wissensbeständen, die Menschen nicht dazu bewegen oder nicht ausreichend dazu bewegen, sich um Nachhaltigkeit zu kümmern. Wenn wir die Emotionen der Menschen, die mit Krisen und den erforderlichen großen Veränderungen verbunden sind, nicht ernst genug nehmen und nicht einbeziehen in unsere Angebote der Erwachsenenbildung, dann entsteht anscheinend nicht genug Energie für einen Aufbruch, den es braucht.
Wie können wir denn diese Rahmenbedingungen so gestalten, dass der Austausch nicht nur über Fakten, sondern auch über unsere Gefühle dazu gut gelingt? Was brauchen wir dafür, um mit unseren eigenen Gefühlen und denen von Teilnehmenden in Kontakt zu kommen und gemeinsam Schritte nach vorne zu entwickeln? Heute spreche ich darüber mit Silke Töpfer, Geschäftsführerin des Paritätischen Bildungswerks Hessen, Eva Heinold-Krug, selbstständige Begleiterin von Lern- und Veränderungsprozessen in Organisationen, Antje van Look vom Biosphärenreservat Pfälzerwald und Christina Krack, systemische Beraterin und Coach von Organisationen in Entwicklungs- und Lernprozessen. Sie alle beschäftigen sich seit mehreren Jahren in der Erwachsenenbildung mit der Frage, wie gute Rahmenbedingungen für das Lernen von Veränderungen gestaltet werden können. Frau Töpfer, Frau Heinold-Krug, Frau van Look, Frau Krack, Sie haben im Oktober 2024 gemeinsam mit roundabout 10 KollegInnen ein sogenanntes Denkbarcamp gestaltet, um der Frage nachzugehen, wie in dieser krisengeprägten Zeit, Menschen erreicht werden können, um notwendigen Wandel zu gestalten. Vielleicht können wir dieses Denkbarcamp auch mal als Beispiel und Ansatzpunkt nehmen für die guten Rahmenbedingungen. Was hat es denn mit dem Begriff auf sich? Was können wir uns unter einem Denkbarcamp vorstellen? Frau van Look, mögen Sie beginnen?
AvL: Ja, ein Denkbarcamp ist erstmal eine ganz offene Methode, die sich gut eignet, um Menschen, die in Netzwerken am gleichen Thema arbeiten, aber unterschiedliche Schwerpunkte und aktuelle Motivation haben, zusammenzubringen und sich im Austausch darüber weiterentwickeln zu können. Ein Denkbarcamp eignet sich auch für große Gruppen, das kann man bis zu mehreren hundert Personen machen, dann sind es eben auch viel mehr Themen. Es hat aber auch in unserer Gruppe von 10 bis 15 Personen sehr gut funktioniert. Es geht dann so, dass man am Anfang bei der ersten Runde die Themen gemeinsam festlegt, die jeder mitbringt, die jeden bewegen und die dann nach und nach in kleinen Gruppen oder auch im Plenum bearbeiten kann.
Und der Vorteil von dem Denkbarcamp ist ganz klar, die Fragen jedes Einzelnen an den Punkten, an denen der Einzelne gerade steht werden beantwortet. Es gibt für jede Frage eine Expertenrunde, wo man sich individuelle Antworten abholen kann, profitieren kann von der Intelligenz der anwesenden Netzwerkakteurinnen und -akteure. Es ist ein sehr offenes Format. Man kann also vorher ein bestimmtes Ziel festlegen, was dann am Ende an Lerneffekt entsteht.
ML: Das heißt, wenn Sie einladen, gibt es sozusagen ein Themenfeld oder eine Frage, aber es gibt kein Programm von 8.30 Uhr bis 9.30 Uhr dies und dann geht das weiter und so weiter? Ja, Frau Krack.
CK: Ja, ganz besonders wichtig ist ja, am Prozess orientiert zu arbeiten. Also zu schauen, was taucht auf, welche Themen bringen denn die Einzelnen auch mit und wie werden die in dem gemeinsamen Arbeiten oder auch in unterschiedlichen Kleingruppen anhand der Ergebnisse, die da gewonnen werden, weiterbearbeitet. Und von daher ist es ja wichtig, dass offen zu gestalten und mit den Teilnehmenden zu überlegen, was ist denn jetzt wichtig zu der Hauptfrage.
EHK: Und eigentlich kann man sagen, man kann nicht passiv sein, das ist auch so ein Ding, was in Konferenzen ja prima geht. Aber passiv sein funktioniert nicht, selbst in Großgruppen funktioniert das nicht, weil sich die großen Gruppen in kleine wieder aufteilen. Es treffen immer Menschen aufeinander, die sich für ein Thema interessieren und die entweder was fragen oder sagen wollen. Und ich glaube, das ist so einer der Wirkfaktoren, man muss aufeinander reagieren.
AvL: Ja, und diese Beziehungen gestalten, das ist halt auch wunderbar im Denkbarcamp möglich. In Beziehung zueinander treten, sich zuzuhören, intensiv zuzuhören, versuchen gemeinsam mit den anderen eine Lösung oder eine Antwort oder mehrere Antworten zu finden. Dadurch entstehen Arbeitsbeziehungen, Denkbeziehungen, die auch einen Schritt voranbringen.
ML: Eine Teilnehmerin, Hanne Winter, Studentin und gerade Praktikantin im Biosphärenreservat Rhön, formuliert, dass ein solcher Austausch neue hilfreiche Einsichten bringen kann.
HW: Ich fand dieses Format wirklich richtig schön, um einfach so über Generationen hinweg auch ins Gespräch zu kommen und sich auszutauschen. Und ich fand es auch sehr beruhigend vielleicht auf eine gewisse Art, dass nicht nur meine Generation mit diesen ganzen Krisen und Unsicherheiten konfrontiert ist, sondern dass das halt auch in anderen Generationen die Leute beschäftigt und Thema ist. Ich fand, es war auch so einen Verbindungsmoment mit den anderen TeilnehmerInnen, die da waren.
CK: Ich glaube, das Besondere ist tatsächlich, dass dieses Thema von „Denkräumen eröffnen“ und die Fragen, die mitgebracht werden, zu hören und zu sagen, okay, was habe ich denn da noch für eine Frage dazu oder welche Antwort kann ich dazu geben? Es entsteht etwas Neues, weil ja die Teilnehmenden sich auch untereinander neu kennenlernen, auch mit ihren Fragen und Antworten.
EHK: Vielleicht noch als kleine Ergänzung, wir nennen es nicht Barcamp, wie der klassische Begriff wäre, sondern Denkbarcamp. Das heißt jetzt keineswegs, dass wir nur über den Kopf gearbeitet haben. Aber wir haben gedacht, na ja, wenn man sich mit Menschen trifft, und wir kannten uns zum Teil ja auch, manchmal weiß man ja schon oder glaubt zu wissen, wie die andere Person denkt, wir holen uns einfach noch ein paar Leute rein, von denen wir nicht so ganz genau wissen, wie die denken. Das waren unsere externen Referentinnen und der Referent. Und lassen uns da so ein bisschen nochmal auf Neues ein und uns anregen einfach in unserem Denkprozess. Ich glaube, das ist auch ein Element, was ganz gut funktioniert hat, an der Stelle.
ML: Ja, das wäre jetzt auch noch mal meine Frage. Ich glaube, ich habe jetzt schon verstanden, okay, so funktioniert es grundsätzlich. Das sind die Gründe, warum man es so macht, und das sind die Hauptelemente. Aber es war jetzt offensichtlich, würde ich sagen, auch erfolgreich. Sonst hätten wir uns das nicht als Beispiel gesucht, um über ein Lernsetting zu sprechen. Können Sie noch mal sagen, okay, was hat jetzt bei Ihrem Denkbarcamp gut geklappt? Was für Einzelelemente haben Sie besonders angesprochen? Weil, auch Sie haben es ja sich vorher zwar ausgedacht, aber wussten ja nicht, ob es funktioniert und, ob das so klappt.
EHK: Es geht um die Rahmenbedingungen. Man kann ja nicht im Vorhinein planen was rauskommt, weder bei einer Konferenz noch bei einem Denkbarcamp. Das heißt, man kann nur Rahmenbedingungen gestalten, die es ermöglichen, dass was rauskommt. Aber Silke vielleicht ...
ST: Genau, was ich besonders fand, wir haben uns einen schönen Ort gesucht. Und zwar waren wir im Schloss Buchenau und hatten schon mal von dem Ort eine richtig gute Inspiration auch durch gemeinsame Spaziergänge, die das Denken ja auch wieder in andere Richtungen bewegen, eine gute Lernatmosphäre war dort festzustellen. Also das heißt einmal nicht nur der Zeitfaktor, dass wir Zeit haben Themen intensiv zu bearbeiten, sondern auch die Räumlichkeiten, die Örtlichkeiten spielen da natürlich eine Rolle.
EHK: Was eine wichtige Rolle spielte, dass wir naturnah da einfach drei Tage waren. Um uns herum waren eigentlich nur Wiesen, Felder, Bäume, Kühe, also schwerpunktmäßig Kühe, die mit einer großen Ruhe in der Landschaft rumstanden und zu denen man immer wieder gehen konnte. Ich finde, das macht es sehr kreativ, einfach rausgehen zu können in die Natur und da etwas zu spüren, was wir oft an klassischen Lernräumen nicht mehr wahrnehmen.
ML: Was das ganz praktisch bedeutet hat, dazu nochmal Hanne Winter.
HW: Und am zweiten Tag, da hat es ja mit dem Input angefangen. Und dann haben wir so eine sehr coole Übung gemacht, dass wir zu zweit rausgegangen sind und spazieren gegangen sind und uns einfach nochmal darüber unterhalten sollten, was gerade erzählt wurde, was das mit uns gemacht hat, was wir darüber denken. Und da sind wir dann halt einfach um das Gelände, weil das ja auch superschön gelegen war, spazieren gegangen. Und das fand ich total schön irgendwie das zu verbinden, rauszugehen und sich auch mal Sachen so durch den Kopf laufen zu lassen.
CK: Und ich glaube, ein wichtiger Faktor, den Silke eben gerade schon angesprochen hat, war das Thema Zeit. Sich tatsächlich genügend Zeit zu nehmen, um Themen auch zu vertiefen und aus unterschiedlichen Blickwinkeln noch mal miteinander da in den Austausch zu gehen. Und das funktioniert halt, wenn man drei Tage miteinander ins Denken kommt, besser, intensiver, als wenn es nur ein Tag ist, wo An- und Abreise ist und man schnell auch schon wieder im nächsten Tag drin ist.
EHK: Einfach luxuriöse Bedingungen, weil, dieser Tagungsort hat sich nicht aufgedrängt, sondern der hat wirklich gute Rahmenbedingungen auf eine ganz unauffällige Art geschaffen, in denen man sich fokussieren konnte, wir uns fokussieren konnten auf unser Thema. Wir wurden durch nichts abgelenkt oder eingeschränkt, eingeengt mit irgendwie festen Essenszeiten oder sonstigen Zwängen, sondern die haben einfach versucht uns irgendwie ein gutes Arbeiten zu ermöglichen.
ML: Und Sie sagten schon, Sie sind zum Beispiel spazieren gegangen. Wie wir aus der ersten Folge wissen, gab es einen Input-Vortrag. Es gab, glaube ich, noch einen weiteren. Können Sie da noch mal sagen, welche Elemente spielten eine Rolle? Also, ganz praktisch, sozusagen?
EHK: Also ich fand, ganz praktisch hat es eine Rolle gespielt, dass Susanne Waldow-Meier einfach dageblieben ist und nicht nach dem Abliefern des Vortrags wieder verschwunden ist, wie das ja häufig der Fall ist. Sondern sie hat als Person ausgestrahlt, dass es sie interessiert, was wir mit ihren Gedanken machen und wie wir darauf reagieren. Auch da konnte man anknüpfen und sie konnte dann wiederum an unseren Denk- und Gefühlsstand anknüpfen. Also, sie hat sich zu einem Teil in der Runde gemacht und ich fand es sehr überzeugend. Sie hat sich auch die Zeit genommen. Man traut sich ja kaum noch zu sagen, dass man jetzt eine Bildungsveranstaltung über drei Tagen am Stück an einem externen Ort veranstaltet. Man wird ja ein bisschen komisch angeguckt inzwischen. Und dieses Prinzip ist völlig unterbrochen worden von allem, was da passierte, auch von den Referenten.
AvL: Jetzt muss man ja sagen, es ist ja nicht unbedingt zwingend für ein Denkbarcamp, dass es über drei Tage geht. Wir hatten diese gute Chance, dass wir das so machen durften. Und was mir das erleichtert hat, auch noch mal bisschen querzudenken, ist tatsächlich diese Ergebnisoffenheit. Also rein inhaltlich betrachtet, man hat schöne Rahmenbedingungen. Man fühlt sich wohl, kann sich auch abwechseln mit dem Raum. Man kann rausgehen, die Gesprächspartner wechseln. Aber diese Ergebnisoffenheit, sich wirklich Gelegenheit zu geben, zu sagen, ich gehe jetzt mal von der Schiene, wie ich immer handle und denke, ein bisschen runter und gebe mich mal in eine Offenheit. Das, denke ich, hat wirklich auch weitergebracht und zu neuen Erkenntnissen geführt. Und alle Teilnehmenden glaube ich auch so bisschen mental gestärkt, die Aufgabe der Bildung für nachhaltige Entwicklung für die nächste Zeit weiterzutragen.
EHK: Und ich finde, es war deutlich spürbar, dass sich im Lauf der Zeit unser Umgang miteinander verändert hat. Es ist ja nicht ganz ohne, wenn Menschen, die sich in Gremien oder in anderen Zusammenhängen unablässig wieder treffen, dass die offen miteinander diskutieren und nicht einfach Sachen abspulen, was wir uns immer erzählen und was eh schon alle wissen. Und dafür braucht es wirkliche Begegnungen, also das Wechseln in die Natur raus, aber auch mal die Zeit, sich auf den Gedanken einzulassen. Und allmählich ist das Vertrauen gewachsen, auch mal so ins Off zu sprechen. Und mal was zu sagen, was man vielleicht auch drei Stunden später problemlos wieder zurücknehmen musste, weil man gemerkt hat, das war eine Sackgasse, aber hat mich weitergebracht in der Erkenntnis. Das braucht ein bisschen Zeit. Also wie es mir so ging, eigentlich bin ich ja manchmal ein bisschen schnell unterwegs und ich finde so richtig viel Zeit haben wir auch nicht mehr, was BNE angeht. Und dann so in diesen anderen Zeitmodus zu verfallen und zu sagen, die drei Tage, die werden jetzt die Welt auch nicht mehr zum Untergang bringen. Das ist schon auch eine Erfahrung, die das Denken verändert.
CK: Und was auch für mich besonders war. Dieses zum einen Hören von Fakten, aber auch das Thema Zukunftsmut von Frau Waldow-Meier. Und dann zu schauen, was ist denn bei mir selber? Was entsteht da tatsächlich so an Zweifeln, was habe ich für Herausforderungen? Welche Blockaden sind da und welche Bedürfnisse sind auch bezogen mit all dem? Ich als Person, aber auch ich als Erwachsenenbildnerin. Ich im Zusammenhang mit der Gruppe, dass beides Raum haben durfte in der Zeit durch die unterschiedlichen Inputs, die wir an den Tagen hatten.
ML: Den Aspekt zusätzlich zur Beschäftigung mit Fakten, die Fragen nach Emotionen zu stellen, hat auch Hanne Winter formuliert.
HW: Wie sie dann auch über den emotionalen Zugang zu den Themen gesprochen hat. Das fand ich sehr schön und hat mich auch so ein bisschen zum Nachdenken nochmal gebracht. Dass das ein wichtiges Thema ist, diese emotionale Verbundenheit zu den Themen herzustellen.
EHK: Ich will noch mal von der Organisationsentwicklung herkommen. Weil, oft geht es ja auch darum, dass gerade wir mit einer Erwachsenenbildung, Dinge in eine Struktur bringen, und Strukturen sehen oder die Systeme sehen, die Veränderungen ermöglichen oder auch behindern. Es gibt in der Organisationsentwicklung den Ansatz, das „Ankünftige“ wahrzunehmen, Otto Scharmer hat den Gedanken in die Welt gesetzt, der in der Organisationsentwicklung, was Veränderungsprozesse angeht, eine ganz große Rolle spielt. Das „Ankünftige“ wahrnehmen, das wirklich wahrnehmen, was da ist von Zukunft / Zukunftsmöglichkeiten, anschaulich macht, aber eben noch nicht massenhaft da ist.
Und so fängt ja oft Veränderung an, dass man sich die Zeit nehmen muss und den Kopf frei haben muss, um solche kleinen Beobachtungen wirklich als Beobachtungen miteinander zu teilen, zu beschreiben und nicht sofort zu bewerten. Und dafür ist so ein Format und so eine Zeitstruktur und so ein Ort eine gute Ausgangsbedingung. Weil das zu tun im Druck des Alltags und in der Komplexität und der Verwobenheit der Themen miteinander und in der Vielzahl der Krisen, das ist für einen einzelnen menschlichen Kopf relativ schwierig. Dazu braucht es einen Rahmen und dafür braucht es auch mehrere, gar nicht nur Köpfe, sondern auch Augen und Ohren, die solche Beobachtungen des „Anfünftigen“ miteinander teilen. Und ich glaube, das ist etwas Besonderes in der Bearbeitung.
ML: Das heißt, man spürt sozusagen nicht nur dem nach, was die Welt mit einem macht, was ein wichtiger Punkt ist, den ich von Frau Waldow-Meier mitgenommen habe und teilt das eben auch. Allein dafür ist, glaube ich, eine gewisse Zeit, Ruhe, Entspanntheit, ein Gefühl von, okay, mit denen kann ich das gut machen, das ja auch immer ein bisschen dauert, wichtig. Sondern was sie jetzt noch mal ins Spiel bringen, ist der Blick eben nach vorne. Dieses, was schon da ist, in dem, was wir wahrnehmen, aber dafür eben die Aufmerksamkeit zu schärfen, dass da was ist, was vielleicht beginnen könnte. So, ja, das finde ich ganz, ganz spannend.
Ich frage mich jetzt nur auch, weil jetzt werden wahrscheinlich einige sagen, ja, das ist toll, dass ihr das drei Tage gemacht habt und die Zeit hattet und den schönen Ort hattet und das auch noch alles finanzieren konntet und so weiter und so weiter. Aber wichtig ist ja auch, dass wir quasi diese Rahmenbedingungen oder dann eben einen Teil, natürlich nicht genau das, weil genau das kriegt man wahrscheinlich nur, wenn man es auch so macht, aber irgendwie auch in den Alltag von Erwachsenenbildung einbeziehen können. Und haben Sie da Ideen aus Ihrer Erfahrung, wo Sie sagen, ja, natürlich nicht das Ganze, aber hier scheint sowas auf und wenn man das mit überlegt und wenn man das mit reinbringt, dann kann man diese Elemente sozusagen auch in den Alltag bringen. Auch wenn viel dafürspricht, sich solche Rahmenbedingungen auch mal zu gestalten, immer mal wieder zur Reflexion und um zu gucken, wie gehen wir den nächsten Schritt und so was.
AvL: Ja, also ich habe das ja vorhin auch schon mal kurz angesprochen. Ein Barcamp ist auch als eintägiges Format möglich. Im Grunde sogar als halbtägiges, wobei ich schon einen Tag, glaube ich, empfehlen würde. Und das eignet sich für Menschen ab, sage ich mal, ab zehn Personen aufwärts. Wichtig ist, dass es eine einigermaßen angenehme Umgebung ist, dass man sich ein bisschen wohlfühlen kann. Das ist ja eine Rahmenbedingung, die in der Erwachsenenbildung schon immer diskutiert wird, dass die Umgebung und die Grundbedürfnisse auch in gewisser Weise erfüllt sein müssen. Ich empfehle es nicht, in einer Schulklasse zu machen, wo die Butterbrote noch unter der Schulbank liegen. Aber auch das geht. Und wichtig ist diese Offenheit, dass man wirklich offen ist. Und dass man auch versucht, aus einem „Eintäger“ oder aus einem „Halbtäger“ diesen Zeitdruck etwas rauszunehmen. Dass man kein Programm vorgibt, um 10.30 Uhr Frühstückspause, um 11 Uhr die Diskussion zum Thema XY, sondern dass man wirklich eine Offenheit in Zeit und Raum und eine Offenheit für Begegnung und Gespräche schafft.
EHK: Es ist auch eine Frage der Haltung, mit der man so ein Format organisiert, selbst in kürzeren Formaten und weniger idealen Bedingungen. Ich musste an ein Zitat denken, was ich neulich gelesen habe von einem niederländischen Historiker, Rutger Bregman. Der hat erforscht, wann eigentlich Menschen bereit sind, etwas zu tun, was sie bisher nicht getan haben oder was sie für mutig halten. Und die haben da Untersuchungen gemacht, da ging es um die NS-Zeit, also, wer sich eigentlich da engagiert hat, zum Beispiel jüdische Menschen unterzubringen und zu verstecken. Und er sagte, was übriggeblieben ist als einzig wirklich zentraler Punkt, das ist, die Menschen mussten gefragt werden. Also wenn man gefragt hat, bist du bereit und vielleicht sogar erzählen konnte, dein Nachbar macht es auch. Dann haben 96 Prozent gesagt, das war der Punkt, der mich dazu gebracht hat.
Und ich glaube, das ist ein Hinweis für uns in der Erwachsenenbildung, die Menschen fragen: Macht ihr mit? Was interessiert euch? Wo wäret ihr bereit mitzumachen und dafür Lösungen zu suchen? Und ich glaube, das ist so die Haltung hinter diesem offenen Lernformat und davon gibt es ja ganz viele. Ich meine, ich bin ja schon ein bisschen älter und wir arbeiten ja seit den 80er Jahren an offenen Lernformen. Und wenn man die ganzen methodischen Aufarbeitungen, Handbücher aus dieser Zeit noch mal rausholt, Susanne Waldow-Meier hat es ja auch erwähnt, es kommt aus der Pädagogik der Unterdrückten aus der emanzipatorischen Bildungsarbeit. Also an Methoden und Wegen solche Dinge zu organisieren, mangelt es überhaupt nicht. Wir müssen einfach nur wieder darauf zurückgreifen, sozusagen in der überarbeiteten, aktualisierten Haltung auf die gemeinsame Suche nach den nächsten Schritten gehen. Und Menschen ernst nehmen. Ich glaube, diese Rollenaufteilung zwischen die einen wissen es und die anderen wissen es noch nicht, die sollten wir auch grad mal vergessen.
CK: Und anknüpfend an das, was du gerade gesagt hast, Eva, auch zu überlegen, wen frage ich denn tatsächlich? Frage ich diejenigen, mit denen ich sowieso schon bereits zusammenarbeite oder im Netzwerk bin oder überlege ich tatsächlich mal, mit wem bin ich wenig im Kontakt und der ist vielleicht auch oder die ist auch mit dem Thema beschäftigt oder es wäre super interessant, da gemeinsam etwas zu entwickeln und sich da zu trauen, auch andere anzusprechen.
EHK: Ganz genau. Wir haben ja diese Episode Lernsettings genannt. Es ist mir eigentlich zu technisch, das als ein Lernsetting zu bezeichnen. Weil, mir ist die Haltung dahinter wichtig und deshalb würde ich es Bildungsraum nennen. Weil, Bildung bezieht einfach den ganzen Menschen mit ein. Das ist eben nicht nur der Kopf, der was lernt, sondern wir ändern unser Handeln ja auch nur dann, wenn wir es mit unserer Identität und unseren Werten zusammenbringen können. Und ich glaube, das ist eine weitere Gelingensbedingung, dass wir diese Themen auch in Bildungsveranstaltungen ansprechen. Anzusprechen wagen. Einfach ansprechen. Ja, wie ist es? Passt es zu euren Werten? Wollt ihr das überhaupt? Entspricht es euren Bedürfnissen? Wollt ihr, dass eure Kinder oder Enkel so oder so, was wollt ihr da eigentlich für die?
Und ich glaube, wenn man das verankert und darüber spricht, auch über die Befürchtung, aber auch über die Hoffnung und die Sehnsüchte, dann kommt eher ein Wunsch zu handeln auf. Reines Faktenwissen lässt uns in der Regel eher verdrängen als handeln. Aber wenn wir als Personen in Kontakt mit den Fakten gehen, und ich bin sehr für Faktenwissen, dann kommt eher eine Handlungsmotivation zustande. Auch das wissen wir im Übrigen schon verdammt lange, wie Motivation entsteht.
ML: Ja, ich finde das nochmal ganz schön, wie Sie das beschreiben, weil, es bringt uns einerseits eher zum Handeln, wenn wir es schaffen, unsere Emotionen, Sehnsüchte, Ängste zu thematisieren und auch miteinander zu teilen. Und es bringt aber durch das miteinander teilen ja auch nochmal den Kontakt. Ja, das ist ja auch was, was wir alle schon lange wissen. Wenn wir uns nur Fakten erzählen, gegenseitig, ist das mit dem Kontakt so eine Sache. Aber wenn wir als Menschen sichtbar werden, dann glaube ich, ist nicht nur die Handlungsbereitschaft höher, sondern auch das Miteinander leichter. So, das finde ich auch nochmal ganz schön. Wie haben Sie das denn erlebt in Ihrem Denkbarcamp? Vorhin klang es ein bisschen so raus, als hätte es funktioniert. Was ist für Sie im Wesentlichen hängen geblieben?
EHK: Also bei mir ist das Gefühl entstanden. Also wenn ich dann mal wirklich denke, man kann auch seine Zeit anders verbringen als mit sinnvoller BNE. Dann würde ich eine von diesen Personen anrufen oder zwei oder drei und mal fragen, wie bei denen gerade so die Sachlage ist und ob sie mir was Nettes erzählen können. Also dieses Gefühl verbunden zu sein und zu wissen, das sind andere auch dran. Ich bin da nicht irgendwie auf meiner Insel allein unterwegs. Das finde ich schon ziemlich zentral. Und Ideen, einfach Ideen, ganz pragmatisch Ideen zu kriegen. Was macht ihr denn gerade? Wie geht ihr das denn an? Wie geht ihr damit um? Habt ihr den Aufsatz gelesen?
CK: Für mich war so was Zentrales, auch von den anderen zu hören, dass es wichtig ist, weiter gut im Kontakt zu bleiben und sich auszutauschen. Und insbesondere über das, was auch gut ist, was Mut macht, was funktioniert, wo sind positive Erfahrungen. Da wirklich aufmerksam hinzuschauen und es mitzuteilen, um diese Motivation aufrechtzuerhalten. Da war von den anderen der Wunsch da, auf so einem bestimmten Level sich gegenseitig immer wieder zu ermöglichen und das, was da gewonnen wurde, auch an Vertrauen und an dem Miteinander, weiterzutragen in die Zukunft. Und wie gesagt, dieser Wunsch nächstes Jahr wieder. Und wo sind wir dann? Und was gibt es Neues? Und was können wir tun?
AvL: Es war auch als Fortbildung oder als Weiterentwicklung für alle die Menschen gedacht, die in der BNE unterwegs sind und versuchen Lernräume zu gestalten, die an einem gewissen Punkt angekommen sind und sich fragen: Was kann ich noch tun? Wie kann ich mich auch selber motiviert halten, um an dem Thema gut weiterzuarbeiten? Trotz all dieser gesellschaftlich vermeintlich anderen wichtigen drängenden Fragen, die täglich um uns herum sind, abgesehen von finanziellen Rahmenbedingungen, politischen Rahmenbedingungen und globalen Krisensituationen.
Und wie können wir uns da gegenseitig stärken, sodass diese wertvolle Arbeit für nachhaltige Entwicklung in den unterschiedlichen Einrichtungen weitergehen kann. Und für mich war so ein ganz deutlicher Entwicklungsprozess sichtbar vom ersten Tag des Ankommens, bis es am Morgen des dritten Tages tatsächlich so gekippt ist, in ein, wir machen gemeinsam weiter, hat jeder persönlich diesen Prozess durchschritten, dass man eben auch mal zum Ausdruck bringen durfte, welche Hindernisse und Hemmnisse haben wir und gemeinsam überlegen konnte, wie macht es der eine, wie macht es die andere in ihrer Lage dann, um diese Hindernisse zu überwinden und mit Hoffnung rauszugehen und zu sagen, jawohl, ich bin nicht allein. Es gibt ganz viele andere, die an dem Thema arbeiten. Aber auch zu sehen, wo hört die eigene Verantwortung auf, wo brauchen wir auch strukturelle Änderungen und wo können wir uns zusammentun und tatsächlich noch einen Schritt weiterzugehen. Dieser Entwicklungsprozess war für mich klar sichtbar und er hat jetzt mir persönlich ganz viel Motivation auch mitgegeben.
EHK: Lass uns doch mal über diese Zielgruppendebatte reden, die auf dem Denkbarcamp geführt wurde. Brauchen wir die oder brauchen wir die gar nicht? Also, da einfach noch mal so ein Stückchen „Out of the box“ zu denken. Also, wen haben wir denn bisher gar nicht angesprochen? Wer ist bisher mit unseren anderen Themen nicht im Fokus? Wir haben ja so diesen Reflex, immer die Armen und Bildungsfernen ins Auge zu setzen. Ich meine, die sind ehrlich gesagt, nachhaltigkeitstechnisch nicht das größte Problem. Da gibt es andere Gruppen, die größere Probleme machen. Und da einfach auch hinzugehen. Sagen, wir haben da eine Aufgabe, aber wir haben auch eine Möglichkeit. Und wir können uns da gegenseitig Wissen und Bälle zuspielen über Akteure, Gruppen, gesellschaftliche Orte, an denen wir uns bisher nicht ausreichend aufhalten zu den Themen. Das ist so ganz undramatisch, ziemlich sichtbar geworden in dem Zusammendenken.
ML: Wenn Sie jetzt noch mal zurückdenken, daran, wie es denn so war, was würden Sie denn sagen, sind die wesentlichen Gelingensfaktoren gewesen, die Sie ja geplant oder auch nicht geplant hatten, wie dann dieses gute Ergebnis zustande gekommen ist und das gute Miteinander?
EHK: Das ist die Frage ja nach dem Geheimrezept dahinter. Barcamp ist ja das eine, das kann man ja gut nachlesen, wie das geht. Und jetzt fragen Sie nach dem Geheimrezept. Wir sind gerne bereit, das zu veröffentlichen. Ich fange mal mit einem an, wir haben Referenten ausgewählt, das war ja eh schon eine extra Zutat zu diesem Rezept Barcamp. Und wir haben uns gedacht, wir wollen welche, die genau an dem Punkt etwas zu sagen haben, an dem wir stehen. Nämlich zu der Frage, wann gehen wir einen Schritt weiter und zeigen uns, gehen raus, machen was anders und können möglicherweise auch unsere Teilnehmenden dazu bewegen, etwas anders zu machen. Und dazu hatten wir eben Susanne Waldow-Meier, die sich den Punkt angeguckt hat, wo gehen wir zurück, wenn wir erschüttert werden, durch die Komplexität irritiert werden, durch eine Herausforderung? Wo gehen wir zurück ins Alte und wo bewegen wir uns auf etwas Neues zu? Das war jetzt kein Zufall, dass wir nun gerade dazu was hören wollten.
Und das Zweite, was kein Zufall war, ist, dass wir dann im nächsten Schritt die Sophie Achinger, die aus der Gewaltfreien Kommunikation kommt, angefragt haben, die dazu mit uns als Probeperson Übungen gemacht hat. Sodass wir auch mal merkten, wo stehen wir eigentlich mit unseren Erschöpfungszuständen. Welche Gefühle sind da in uns? Welche Bedürfnisse stecken dahinter und wie können wir da in den nächsten Schritt kommen? Es war auch ein Selbstversuch dabei. Dadurch sind wir, glaube ich, auch ein Stück in so eine Tiefe, in eine andere Dimension gekommen als das, worüber wir sonst so reden. Das wäre ein Element unseres Geheimrezepts gewesen.
CK: Ja, und an der Stelle, dieses selber zu schauen, zwischendurch in die eigene Reflexion zu gehen und zu sagen, was macht es denn mit mir als Person, was macht es mit mir, aber auch in meiner Rolle als Erwachsenbildnerin, da einzutauchen, sich damit zu beschäftigen, Zeit dafür zu haben und am nächsten Tag auch wieder mit den anderen Teilnehmenden in Kontakt zu kommen und sich darüber auszutauschen und inhaltlich auch weiterzugehen. Das hat, glaube ich, ganz viel zu den Ergebnissen beigetragen.
AvL: Dadurch, durch diesen Dreiklangimpuls, welche Erkenntnisse gibt es, wann rutsche ich in alte Muster zurück, wo gehe ich in Vermeidung, wo traue ich mich auf neuen Boden. Die Reflexion auf die eigene Person als Lernbegleitung, als lernbegleitende Person und dann auch wieder rausgehen und zu sagen, ich nehme den gesellschaftlichen Auftrag wahr, Bildung für nachhaltige Entwicklung umzusetzen. Und es gibt ganz viele neben mir in anderen Bundesländern, bundesweit, vielleicht global, die an der gleichen Sache arbeiten, mit denen ich mich austauschen kann und da in Beziehung zu gehen. Das war auch so ein Element.
EHK: Umso ganz ins Nähkästchen zu gehen, wir klingen ziemlich harmonisch jetzt immer, aber wir haben was gemeinsames Drittes. Wir wollen eben Erwachsenenbildung wirklich als gesellschaftlichen Auftrag in Richtung Nachhaltigkeit verstehen und umsetzen, aber wir kommen aus ganz unterschiedlichen Erfahrungshintergründen und bringen die eben auch deutlich ein. Ich glaube, davon profitieren wir alle und unsere Veranstaltungen. Also, nicht alleine planen, wäre so der Tipp, sondern mit anderen Andersdenkenden zusammen planen.
ML: Ja, vielen Dank für die Veröffentlichung des Geheimrezepts. Frau Töpfer.
ST: Ja, wo sie gerade sagen, Veröffentlichung des Geheimrezepts, also was wir auch noch gemacht haben, wir haben den Prozess des Denkbarcamps videotechnisch aufbereitet. Das heißt, in Kürze wird auch ein Video zu dem Denkbarcamp, also drei kleine Sequenzen, zu sehen sein, sodass man den Denkprozess nachverfolgen kann, wie wir gearbeitet haben und die eine oder andere Idee sicherlich auch rausziehen kann, für eventuelle Andere, die sowas mal machen möchten.
ML: Ja wunderbar, reinzuschnuppern ist sicher eine sehr gute Anregung, die man da mitkriegt. Ich finde noch einen sehr pragmatischen Aspekt für mich noch interessant und ich glaube auch für Hörerinnen und Hörer, das hat ja vermutlich alles auch Geld gekostet. Hatten Sie die Chance da eine Förderung zu bekommen oder haben Sie das einfach aus Eigenmitteln gemacht, Frau Töpfer?
ST: Ja, wir haben das Glück, dass wir im Rahmen eines unserer Projekte dieses Denkbarcamp in dieser Größenordnung vom Land Hessen gefördert bekommen haben. Natürlich, kann man es sicherlich auch als Organisation stemmen mit Teilnehmerbeiträgen, aber die Frage ist ja dann immer, wen möchte man als Zielgruppe oder wer kommt dazu? Und wir hatten uns vorher schon Gedanken gemacht, dass wir erfahrene Erwachsenenbildnerinnen und -bildner aus unterschiedlichsten Einrichtungen hier zusammenbringen wollten, um auch eine Vielfalt der Erfahrungen abbilden zu können. Und das Konzept, kann man sagen, ist für uns aufgegangen. Es war eine Freude, mit den Kolleginnen und Kollegen zusammenzuarbeiten. Also, das war wirklich schön und ist natürlich für uns auch schön, wenn man die Rückmeldung bekommt, dass man dieses Denkbarcamp in der Form, wie wir es gemacht haben, tatsächlich auch als good practice Beispiel ansehen kann. Einfach auch zur Motivation für andere im kleineren Rahmen. Wie Antje das schon gesagt hat, müssen das keine drei Tage sein, es kann auch schon mal ein Tag sein, sich Zeit zu nehmen, Themen zu bearbeiten, die auf den Nägeln brennen, intensiver dran zu arbeiten, dass das wertvoll ist.
ML: Ja, das zeigt ja auch, dass man mit guten Ideen, das wird sich immer zeigen, wie öffentliche Haushalte gestaltet sind und so weiter, dass man mit guten Ideen auch Leute findet, die das gerne kofinanzieren. Weil das einzahlt, auf sinnvolle Dinge. Also ich nehme jetzt ein bisschen mit, Ihre Begeisterung für dieses Format, dass das bei Ihnen auch gut funktioniert hat und mit Ihren Teilnehmenden. Dass Sie gut ins Gespräch gekommen sind, dass es gut war, den Blick zu weiten und nicht nur darüber zu reden, wie hoch jetzt genau die aktuelle Durchschnittstemperatur ist und wie viel CO2 in der Atmosphäre ist, was immer relevant ist und wichtig. Das ist ja, nicht stattdessen jetzt über andere Dinge zu sprechen, sondern einfach zu sagen, okay, wir sind aber als Menschen einfach ganzheitliche Wesen und es ist gut, uns da ganz mitzunehmen und zu gucken, was macht das mit uns und was hemmt uns da dran und was spornt uns an, vielleicht noch mehr zu tun, aber ganz unterschiedlich. Und als Sie gesprochen haben, als es um das ging, wie man noch miteinander in Kontakt kommt und auch dann gemeinsam vielleicht noch mal jemand anruft, wenn es da gerade mal hapert, ist mir der Kurzbegriff „Banden bilden“ eingefallen. Um einfach zu sagen, alleine ist es halt einfach schwer. Vielleicht gibt es auch einige Hörerinnen und Hörer, die eigentlich eher alleine auf verlorenen Posten irgendwo sind, aber dann ist immer, glaube ich, die Erkenntnis daraus, sich diese Banden zu suchen und andere zu suchen, mit denen man sich austauschen kann und weitermachen kann. Und im Kern fand ich tatsächlich diese Kombination, also ist es bei mir angekommen, auch diese Haltung von Offenheit, also nicht vorzugeben, das ist heute Lernziel XY und das sind die vier Schritte, so kommen wir dahin.
Sondern zu sagen, was ist das, was uns bewegt zu diesem Thema oder zu dieser Frage? Und dann vielleicht ganz woanders zu landen, auch woanders anzufangen, als man vielleicht selber das gedacht hätte, selber das machen würde. Und gleichzeitig aber, und das fand ich schön mit dem Beispiel, was Sie gebracht haben Frau Heinold-Krug, von Rutger Bregman, zu sagen, und dennoch frage ich jemand konkret und sage, was trägst du denn bei oder was möchtest du beitragen oder was berührt dich und so? Es ist zwar offen, aber dennoch ist es jetzt nicht unverbindlich, sondern es hat dieses Nachdrückliche schon auch, weil, es ist einfach nicht beliebig, ob wir das tun und was wir dazu tun.
CK: Dieses gemeinsame innezuhalten ist da so dieses Besondere. Dieses innezuhalten, draufzuschauen und zu überlegen, wie kann es jetzt gut weitergehen. Wobei dieses gut ja für jeden auch bisschen was anderes bedeutet oder bedeuten kann.
ML: Aber ich höre heraus, Sie können es auf jeden Fall allen empfehlen, das mal zu machen.
EHK: Ja und abändern. Das eigene draus machen.
ML: Ja, vielen herzlichen Dank. Ich glaube, das war ein sehr guter Eindruck, den ich gewinnen konnte, auf jeden Fall und ich hoffe auch die Hörerinnen und Hörer, was sozusagen da eine wichtige Rolle spielt. Haben wir noch was Wichtiges vergessen, wo Sie sagen würden, ja, das wäre aber auch noch gut, wenn die Leute daran denken.
EHK: Vielleicht, ich weiß nicht, ob man es hier gebrauchen kann, aber ich habe neulich nochmal diesen Begriff des Superspreaders gelesen und der ist jetzt irgendwie ein bisschen negativ besetzt aus den letzten Jahren, aber ich finde, das ist ein schönes Bild zu „Gedanken einfach großzügig und weiträumig und dicht zu verteilen“. Ich glaube, das bewegt uns, verändert was, und zwar nicht nur, wenn es um Krankheitsviren geht, sondern auch, wenn es ja um Wohlfühlen, Gesundheits- Nachhaltigkeitsthemen geht. Also Erwachsenenbildung als Superspreader fände ich, irgendwie einen ganz hübschen Ansatz.
ML: Wie sagte ich zu Beginn der Episode? Was hilft also ins Tun zu kommen? Die Menschen müssen gefragt werden. Da hilft ein offenes Format, das an den Fragen und Bedürfnissen von Teilnehmenden anknüpft, schon mal sehr. Weitere Elemente, die uns auch in Krisen in Handlung bringen können? Zeit zur Reflexion, nicht nur der Fakten, sondern auch der damit verbundenen Gefühle, ein guter Ort, Anregung von außen, Austausch zu Möglichkeiten gemeinschaftlichen Tuns.
Und wenn Sie mal nicht weiterwissen, fragen Sie KollegInnen, Bekannte, FreundInnen oder melden Sie sich beim Paritätischen Bildungswerk Hessen. Und freuen Sie sich auf die nächste Episode, in der wir unter dem Titel Mutmachgeschichten vier ganz unterschiedliche Menschen vorstellen, die Ideen in die Praxis umgesetzt haben. Lassen Sie sich inspirieren. Viel Spaß dabei!
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